Liebe Mitglieder des BVFK, wir freuen uns, euch heute über die Ergebnisse der großen Online-Konferenz zur Auswertung der Reform des Statusfeststellungsverfahrens zu informieren. Diese Konferenz fand am 24. Juni in Zusammenarbeit mit dem Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) und der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstständigenverbände (BAGSV) statt. Es war eine äußerst erfolgreiche Veranstaltung, bei der zahlreiche Expert/innen aus dem Sozialrecht sowie Betroffene und Fachpolitiker/innen zusammenkamen, um über die Auswirkungen und Verbesserungsmöglichkeiten der Reform von 2022 zu diskutieren. Besonders hervorzuheben ist das konstruktive Einbringen des BVFK in diese Diskussionen. Unsere Vertreter konnten wichtige Perspektiven und Vorschläge einbringen, die zur Weiterentwicklung des Verfahrens beitragen werden. In den Gesprächen wurde deutlich, dass die bisherige Reform nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat. Dennoch wurden zahlreiche lösungsorientierte Ansätze erarbeitet, die Hoffnung auf positive Veränderungen geben. Rund 20 Expert/innen aus dem Sozialrecht, darunter Betroffene, zuständige Fachpolitiker/innen und der Präsident des Bundessozialgerichts a. D., Rainer Schlegel, kamen zusammen. Besonders spannend waren die unterschiedlichen Perspektiven, die die Teilnehmenden einbrachten. In der Diskussion wurde deutlich, dass die Reform des Statusfeststellungsverfahrens von 2022 nicht funktioniert hat. Doch nicht nur die Probleme wurden klar benannt, sondern auch lösungsorientiert diskutiert. Alle Teilnehmenden konnten ihre Standpunkte einbringen, gingen aber auch aufeinander ein und waren ernsthaft an Verbesserungen interessiert. Die beiden Selbstständigen Claus Krampe und Marc Dauenhauer schilderten ihre Erfahrungen mit Statusfeststellungsverfahren: jahrelange Prozesse, bis man als Selbstständiger anerkannt wird, wöchentliche Flüge nach London, um dort rechtssicher arbeiten zu können. Dazu passte, was der Wirtschaftswissenschaftler Holger Schäfer in seiner darauffolgenden Präsentation sagte: "Das Statusfeststellungsverfahren entfaltet seine zerstörerische Wirkung, und das egal, ob man ein Statusfeststellungsverfahren selbst macht, oder nicht." Schäfer stellte die gerade veröffentlichte Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln vor, nach der mehr als ein Drittel der Selbstständigen einen Umzug ins Ausland erwägt und ein Viertel von ihnen in Betracht zieht, aufgrund der Rechtsunsicherheit die eigene Selbstständigkeit zu beenden. Die Präsentation der Ergebnisse der IW Köln-Studie findet ihr hier: Präsentation der Ergebnisse der IW Köln-Studie Zweifel an Unabhängigkeit der DRV BAGSV-Sprecher Andreas Lutz stellte in seiner Präsentation eine durchgeführte Umfrage unter Sozialrechtsexpert/innen vor. 75 Expert/innen – vor allem Anwälte und Rentenberater – hatten einen Fragebogen mit 31 Fragen ausgefüllt. Die Antwortenden zeigten große Zweifel an der Unabhängigkeit der Deutschen Rentenversicherung (DRV) bei ihren Entscheidungen. Die Befragung belegt zudem, dass die Reform des Statusfeststellungsverfahrens von 2022 die gesetzten Ziele höhere Rechtssicherheit, Beschleunigung der Verfahren und geringerer bürokratischer Aufwand nicht erfüllt hat. In allen diesen drei Aspekten erkannten die Expert/innen eher Verschlechterungen als Verbesserungen. BAGSV macht Lösungsvorschläge In der Umfrage ließ die BAGSV auch verschiedene Vorschläge, das Statusfeststellungsverfahren zu verbessern, von den Expert/innen bewerten. Andreas stellte die wichtigsten Lösungsvorschläge vor: - Bindung der DRV an von ihr getroffene Statusentscheidungen, Änderungen nur mit Wirkung in die Zukunft.
- Eine zeitgemäße Definition von unternehmerischem Risiko, die selbstständige Wissensarbeit ohne großen Kapitaleinsatz anerkennt.
- Kürzere und weniger missverständliche Fragebögen – 89 Prozent der Experten gaben an, dass die Fragebögen nur mithilfe eines Anwalts richtig ausgefüllt werden können.
- Die Klarstellung, dass in der Natur der Tätigkeit liegende Arbeitsbedingungen kein Kriterium gegen eine Selbstständigkeit sind.
- Positivkriterien für Selbstständigkeit, beispielsweise die Höhe des Tagessatzes relativ zu vergleichbaren Angestellten, das Vorliegen einer angemessenen Altersvorsorge, das Vorhandensein einer Kapitalgesellschaft oder von sozialversicherungspflichtigen Mitarbeiter/innen.
- Prüfung der Person des Selbstständigen und seiner Tätigkeit statt Prüfung jedes einzelnen Auftrags.
Präsentation mit Ergebnissen der Experten-Umfragen Die vollständige Präsentation (PDF) mit der Einschätzung der Expert/innen zu den Folgen der Rechtsunsicherheit, der Wirksamkeit der Reform und ihren fünf Einzelmaßnahmen sowie der wirksamsten Lösungsmöglichkeiten findest du hier: Präsentation der Umfrageergebnisse und Lösungsvorschläge der BAGSV DRV-Vertreterin schockiert über Umfrage-Ergebnis Dina Frommert, die Abteilung Forschung und Entwicklung bei der DRV leitet, zeigte sich schockiert, dass die DRV nicht als unabhängig wahrgenommen werde. Für die Überprüfung der Reform des Statusfeststellungsverfahrens von 2022, für die im Gesetz eine Evaluation Ende 2025 durch die DRV selbst vorgesehen ist, wünschte sie sich ein anderes Vorgehen. Es sollte nicht sein, dass diese durch die DRV selbst durchgeführt werde, sagte Frommert. Auswirkungen auf gesamte Weiterbildungslandschaft Julia von Westerholt, Direktorin des Deutschen Volkshochschul-Verbands, machte deutlich, wie groß die Probleme sind, die seit kurzem durch das "Herrenberg-Urteil" des Bundessozialgerichts und die daran anschließende "Fortentwicklung der Rechtsprechung" entstehen. 175.000 freiberufliche Dozentinnen und Dozenten seien an Volkshochschulen beschäftigt. Deren selbstständige Tätigkeit in Frage zu stellen, habe Auswirkungen auf die gesamte Weiterbildungslandschaft. "Positive Urteile finden sich nicht" Rechtsanwalt Michael Felser wies auf ein systematisches Problem hin: Die DRV neige dazu, bei für sie ungünstigem Ausgang einen Vergleich zu schließen – mit dem Ergebnis, dass es kein Urteil gebe. Dies wirke sich auf die weitere Rechtsprechung aus, wenn Sozialrichter recherchierten: "Positive Urteile finden sich nicht." Positiv-Kriterien als widerlegbare Vermutungen? Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts a. D., zeigte sich offen für Überlegungen, das Statusfeststellungsverfahren zu überarbeiten. Er schlug vor, mit widerlegbaren Vermutungen zu arbeiten: Positiv-Kriterien, bei deren Vorliegen eine Selbstständigkeit grundsätzlich angenommen wird. Die DRV müsste dann Belege liefern, wenn sie dennoch eine abhängige Beschäftigung annimmt. "Akzeptanz, dass es Solo-Selbstständigkeit gibt" Pamela Gräbe, Geschäftsführerin der German Stunt Association, betonte, dass die Akzeptanz der Solo-Selbstständigkeit entscheidend sei. Bei Stuntleuten müsse eine Beurteilung mehr als nur den einzelnen Auftrag betrachten. "Schon vor Evaluation etwas verändern" Die Bundestagsabgeordneten Manuel Gava (SPD), Jana Schimke (CDU), Beate Müller-Gemmeke (Grüne) und Jens Teutrine (FDP) verknüpften eine Reform des Statusfeststellungsverfahren mit der geplanten Einführung einer Altersvorsorgepflicht für Selbstständige im Rahmen des "Rentenpaket 3". Müller-Gemmeke sagte: "Wir haben vereinbart, dass wir das Statusfeststellungsverfahren mit dem Rentenpaket 3 anpacken". Teutrine ergänzte: "Wir können auch vor der Evaluation schon deutlich etwas verändern". Die Konferenz als Video Hier sind die verschiedenen Teile der Konferenz als Video verfügbar: Viele liebe Grüße, Euer BVFK-Team
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