Wer zu Beginn einer Tätigkeit die Statusfeststellung beantragt, ist vor Nachforderungen von Sozialbeiträgen geschützt – und zwar nicht nur einmal. Das können sich Selbstständige zunutze machen.
Zugegeben, der Weg ist mühsam: Ein Statusfeststellungsverfahren macht Arbeit. Zwei Statusfeststellungsverfahren machen zweimal Arbeit. Und so weiter. Im Extremfall reiht sich ein Verfahren an das andere. Das ist weder jedermanns noch Sinn der Sache. Allerdings ist es für manche Selbstständige das Mittel der Wahl, um sich in einer Welt ohne Rechtssicherheit mit den bestehenden Mitteln eine Form von Rechtssicherheit zu verschaffen.
Das Sozialgesetzbuch gibt die Anleitung vor
Der Schlüssel zu diesem Trick heißt § 7a des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV). Dessen fünfter Absatz lautet:
Wird der Antrag auf Feststellung des Erwerbsstatus innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund eine Beschäftigung fest, gilt der Tag der Bekanntgabe der Entscheidung als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis, wenn der Beschäftigte
- zustimmt und
- er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellt den Zeitpunkt fest, der als Tag des Eintritts in das Beschäftigungsverhältnis gilt. Der Gesamtsozialversicherungsbeitrag wird erst zu dem Zeitpunkt fällig, zu dem die Entscheidung, dass eine Beschäftigung vorliegt, unanfechtbar geworden ist.
“Gar nicht mal so wenige” ziehen es durch
Übersetzt bedeutet das: Wer krankenversichert ist, eine Altersvorsorge hat und den Antrag auf Statusfeststellung rechtzeitig stellt, dessen Auftraggeber muss bis zum Zeitpunkt der Entscheidung keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen – selbst dann nicht, wenn mit dem Bescheid ein Beschäftigungsverhältnis festgestellt wird. Lässt dann die DRV erkennen, dass eine Einstufung als abhängige Beschäftigung zu erwarten ist, können beide Beteiligte den Vertrag kündigen, einen neuen abschließen und das Spiel von vorne beginnen.
“Das macht Arbeit. Aber wir haben gar nicht mal so wenige Mandanten, die das durchziehen”, sagt Kathi-Gesa Klafke, Rechtsanwältin und Scheinselbstständigkeits-Expertin bei der Kanzlei Jura Ratio in Berlin. In einem Experten-Talk im November 2023 erwähnte sie die Methode der “Ketten-Statusfeststellung” eher beiläufig – für uns Anlass, das Vorgehen noch einmal genauer zu beleuchten.
Vier Voraussetzungen
Um das “Beitragsprivileg” nutzen zu können, müssen Selbstständige vier Voraussetzungen erfüllen:
- Der Antrag muss innerhalb eines Monats nach Beginn der Tätigkeit bei der DRV angekommen sein.
- Der Auftragnehmer muss eine Altersvorsorge betreiben.
- Der Auftragnehmer muss eine Krankenversicherung haben.
- Der Auftragnehmer muss eine Erklärung abgeben, dass er oder sie das Privileg nutzen will.
Ist vorher auch frühzeitig? – Ja!
Frühzeitiger Antrag: Dem Gesetzestext zufolge muss der Antrag “innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit” gestellt werden. In einem Einzelfall in Klafkes Praxis nahm dies die DRV zum Anlass, einen Antrag, der im Prognoseverfahren gestellt wurde, nicht anzuerkennen – er war ja schließlich vor der Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden. Dass dies dem Sinn der Vorschrift widersprach, der ja gerade frühzeitiges Kümmern belohnen soll, konnte Klafke leicht begründen. Die DRV musste zurückrudern. Auch der vorab gestellte Antrag zählt.
Immobilien-Einkommen zählt nicht als Altersvorsorge
Altersvorsorge: “… die nach Art der Leistungen … der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht”, heißt es im Gesetzestext. “Die Gleichwertigkeit bei der Altersvorsorge richtet sich nach der monatlichen Beitragshöhe und muss mindestens so hoch sein wie der jeweilige Mindestbeitrag für die freiwillige gesetzliche Rentenversicherung, also derzeit rund 102 Euro im Monat”, sagt Klafke. Dabei kann es sich um Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung, in ein berufsständisches Versorgungswerk wie bei den verkammerten Berufen oder in einen Versicherungsvertrag der betrieblichen oder privaten Altersvorsorge handeln. Was nicht zählt, sind rein private Vorsorge oder Einkommen aus Immobilien.
Quelle: VGSD e.V.