Die Öffentlich-Rechtlichen wollen Hunderte Millionen Euro sparen. Angefangen wurde in der Kultur, angeblich um mehr Inhalte für Jüngere zu schaffen. […]
Es sind große Summen, die die ARD in den kommenden Jahren einsparen möchte. 40 Millionen Euro pro Jahr sind es beim MDR, der HR möchte in acht Jahren 500 Mitarbeiter weniger haben. Zwangsläufig geht es auch ans Programm. Und an die Kultur. So stellt der SWR mit „Lesenswert“ eine weitere Sendung ein, und der MDR streicht „Fröhlich lesen“. Andere Sender haben sich schon von Literaturformaten getrennt: Der BR stellte „Lido“ und „Lesezeichen“ ein, der HR das „Bücherjournal“.
„Wenn es jetzt schon an große Namen wie Denis Scheck geht, merkt man, wie ernst es ist. Wir wehren uns heftig gegen diese Radikalkur“, sagt Michael Landgraf vom PEN-Zentrum. Bei der Schriftstellervereinigung beobachtet man schon länger einen Kahlschlag in der ARD. „In der Kultur wird Großartiges geleistet, aber es bekommt kaum noch einer mit, weil ein Denken wie bei den Privaten eingesetzt hat und es um Quote geht“, so Landgraf.
Der NDR hat sein „Bücherjournal“ vor vier Jahren gestrichen. Zu wenige Zuschauer würden einschalten. Was auch an der Sendezeit um Mitternacht gelegen haben könnte. Der Protest von Autoren, Verlegern und Kritikern blieb wirkungslos. […]
Hier zeigt sich, wie sich der Kulturbegriff der ARD verändert hat. Ein SWR-Redakteur, der namenlos bleiben möchte, erzählt: „Wir sollten andere Themen anbieten. Weniger Opernrezensionen, mehr Street-Art.“ Beim MDR ist das nicht anders. Wer bei mdr.de den Reiter „Kultur“ anklickt, erhält zum Beispiel „Urlaub in Sachsen: Die besten Tipps für tolle Ausflugsziele“ oder „Rund um Erfurt und Jena: Sieben coole Ausflugstipps bei Hitze“.
„Einfach nur peinlich ist das. Hochkultur ist ein Schimpfwort geworden. Es geht um Klickzahlen, das Marketing steht im Vordergrund, und man vergleicht sich mit privaten Anbietern“, sagt eine Kulturredakteurin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. […]
Dabei sind es kleinere Summen, die in der Kultur gespart werden. Beim MDR müssen die Abteilungen Unterhaltung und Fiktion 39 Prozent des Einsparziels beisteuern, die Information 19 Prozent. Da wirken 5 Prozent bei der Kultur moderat. Weh tun die 2,3 Millionen Euro trotzdem. Denn hier wurde in den vergangenen Jahren bereits kräftig gekürzt. Die Kulturbudgets sind oft die kleinsten. So wendete die ARD bei den Erstsendeminuten 2022 für Kultur und Wissenschaft 14,7 Millionen Euro auf. Für Sport waren es 431 und für Unterhaltung 245 Millionen Euro. Dabei steht die Kultur im Programmauftrag seit einer Änderung im Staatsvertrag von 2023 an erster Stelle. Und die Politik betont immer wieder die Wichtigkeit von kulturellen Angeboten.
Die Praxis sieht aber anders aus. Viele Kulturwellen etwa sind bereits von Kürzungen betroffen. […]
Schon jetzt werden verschiedene Radiowellen ARD-weit zeitweise zusammengeschaltet. Zum Beispiel in der Infonacht oder beim ARD-Radiofestival im Sommer. Das passiert nun auch bei der Kultur zwischen 21 und 6 Uhr. Gerade das war die Sendezeit für lange Wortbeiträge, regionale Kulturberichterstattung und Dokus mit Tiefgang. Die Autoren fürchten nun um Aufträge, in den Redaktionen entfällt Kompetenz. […]
HR-Intendant Florian Hager formuliert es sinngemäß so: Die Hälfte der Programmgelder soll in Zukunft ins Nichtlineare fließen und je ein Viertel in lineares TV und Radio. […]
Ähnlich radikale Auswirkungen wie das finanzielle Kürzen und Umschichten wird die gemeinsame Koordination der ARD auf Programm und Mitarbeiter haben. Derzeit ist es so, dass jede ARD-Anstalt selbst ein Buch oder einen Film bespricht. Künftig soll es ein virtuelles Beitragsregal geben, aus dem sich alle bedienen können. Es soll nur noch eine Besprechung geben. Die ARD verspricht sich Kosteneinsparungen.
https://taz.de/Sparen-bei-Kulturprogrammen/!6019080/
Kultur-Redakteure der ARD kritisieren Änderungen im Kultur-Bereich.
Kultur-Redakteure der ARD äußern in der “taz” ihren Unmut über den aus ihrer Sicht veränderten Kulturbegriff im Senderverbund. Ein SWR-Mitarbeiter etwa kritisiert, dass sie “andere Themen” anbieten müssten: “Weniger Opernrezensionen, mehr Street-Art.” Eine MDR-Redakteurin sagt, “Hochkultur” sei ein Schimpfwort geworden; das Marketing stehe “im Vordergrund, und man vergleicht sich mit privaten Anbietern”. Auch das Pen-Zentrum kritisiert eine Fixierung auf die Quote und spricht sich “gegen diese Radikalkur” aus. Die ARD verteidigt Einsparungen an der Kultur u.a. damit, mehr Inhalte für Jüngere im Digitalen schaffen zu wollen.
https://www.turi2.de/aktuell/kultur-redakteure-der-ard-kritisieren-aenderungen-im-kultur-bereich/
Quelle: DIMBB-MEDIEN-News