Mit § 31 des Medienstaatsvertrags (MStV) wurden Zuständigkeiten und Kompetenzen der Gremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten deutlich konkretisiert und gestärkt. Das ist zu begrüßen und entspricht ganz der Historie der Gremien seit Beginn des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach dem Zweiten Weltkrieg. […]
Wie schon zuvor in den 90er Jahren hat das BVerfG erklärt, dass der Gesetzgeber sicherstellen muss, dass in einer binnenpluralen Rundfunkorganisation den Gremien als Sachwalter der Allgemeinheit ein effektiver Einfluss auf die Wahrnehmung des Rundfunkauftrags eingeräumt wird. Sie sollen darauf achten, dass die Vielfalt der Meinungen in den Programmangeboten zum Ausdruck kommt und einer einseitigen Einflussnahme auf das Gesamtprogramm entgegenwirken. Die Leitung der Geschäfte obliege nicht allein einer Intendantin oder einem Intendanten, sondern binde diese in eine gesetzlich näher konkretisierte Aufsicht durch plural zusammengesetzte Gremien ein. Sie sind damit einer ständigen Kontrolle unterworfen. Die Programmgestaltung im Einzelnen bleibe Sache der Intendanten, so das BVerfG.
Die weisungsfreien, unabhängigen Gremienmitglieder sollen also die Verbindung zwischen den Anliegen, Erwartungen und Ansichten der Gesellschaft, also den Bürgerinnen und Bürgern, und dem Programmbetrieb und seinen Inhalten sichern. […]
Ganz in diesem Sinne möchte ich im Folgenden ohne nähere Gewichtung und Prioritäten einige Punkte bzw. Fragen nennen, die aus meiner Sicht mit Blick auf die jetzt vorliegende Qualitätsrichtlinie hilfreich sein könnten, wenn es um die Bewertung geht, ob die Programmangebote den recht umfangreichen und zum Teil abstrakt formulierten Qualitätsrichtlinien und damit dem Auftrag entsprechen. Ergänzend kann ich auf meinen Beitrag “Auf die Inhalte kommt es an” in epd medien vom 3.2.2023 verweisen.
- Werden Information, Kultur, Beratung, Bildung und Unterhaltung in einem ihrer Bedeutung für die Auftragserfüllung angemessenen Umfang in den Angeboten abgebildet?
- Erfolgen die Angebote all dieser Genres im linearen Programmangebot zu einer Tageszeit (insbesondere auch zwischen 18 und vor 23 Uhr), zu der die Angebote von vielen Zuschauern genutzt werden können? Ein alleiniger Verweis auf die Mediathek würde der nach wie vor bestehenden Relevanz des linearen Programms nicht gerecht.
- Wird im Rahmen von Dokumentationen, Hintergrundberichten und Auslandsberichterstattung ein umfassender Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen gegeben?
- Tragen die Angebote zu einem offenbleibenden Meinungsaustausch bei und bringen sie tatsächlich – wie es in der Richtlinie der Rundfunkräte heißt – auch konträre öffentliche Meinungen hervor? Gibt es Sendungen, die konträre Meinungen zu wichtigen Themen ausführlich darstellen (wie z. B. ehemals Pro & Contra im Ersten)?
- Werden vielfältige Themen aus dem In- und Ausland sowie unterschiedliche Positionen und Meinungen, Erfahrungen, Werthaltungen und Verhaltensmuster in der Gesellschaft ausreichend abgebildet, um eine Orientierungshilfe zur Meinungsbildung für die Bürger zu leisten?
- Gibt es Sendungen, die das demokratische System näher erläutern und zu dessen Verständnis beitragen?
- Werden in Talkshows vielfältige Themen auch aus dem Ausland aufgegriffen und nicht nur einige aktuelle, meist innenpolitische Themen?
- Tragen die Talkshows zu einem Erkenntnisgewinn der Zuschauer bei, u. a. auch dadurch, dass unterschiedliche Gäste aus Politik, Wissenschaft, Gesellschaft und auch Bürgerschaft anstelle von Politikern eingeladen werden?
- Wird auch konstruktiver Journalismus geboten, der nicht beim Aufzeigen von Problemen stehen bleibt, sondern auch Lösungswege aufzeigt sowie deren Erfolge und Grenzen?
- Wird gute, dem öffentlich-rechtlichen Profil entsprechende Unterhaltung geboten?
- Wird durch Crosspromotion (z. B. Trailer und andere Hinweisformen) im Ersten Fernsehprogramm regelmäßig auf die Vielfalt der Beiträge und Sendungen im Gesamtangebot der ARD (inkl. 3sat, ARTE, KiKA, phoenix) hingewiesen? Nur so können durch Eigenwerbung die Zuschauer (und auch die Medienpolitik) auf die bereits bestehende, breite Angebotspalette aufmerksam gemacht werden.
Quelle: DIMBB-MEDIEN-News