Wie sich die neue WDR-Intendantin Katrin Vernau rasant in einer Wahl durchsetzte, in der es bis zum Schluss keinen klaren Favoriten gab. […]
Im ersten Wahlgang hatte eine einzige Stimme dafür gesorgt, dass die Stichwahl nun ausgetragen wurde zwischen dem jüngsten Kandidaten, dessen Bewerbung die meiste Aufmerksamkeit bekommen hatte – dem ARD-aktuell Chefredakteur Helge Fuhst. Und der am meisten unterschätzten Kandidatin – der WDR-Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau. Fuhst hatte im ersten Durchgang eine Stimme weniger bekommen als Vernau.
https://www.sueddeutsche.de/medien/katrin-vernau-wdr-intendantin-wahl-lux.Sad89up6nqJyxoZ1hjntnD
36 Stimmen im Rundfunkrat: Katrin Vernau zur Intendantin des WDR gewählt
Der WDR hat eine neue Intendantin. Der Rundfunkrat des Senders hat am Donnerstagnachmittag im zweiten Wahlgang die bisherige Verwaltungsdirektorin Katrin Vernau ins Amt gewählt.
Die bisherige Verwaltungsdirektorin des WDR und Helge Fuhst, zweiter Chefredakteur von ARD Aktuell, waren nach dem ersten Wahlgang in die Stichwahl gegangen. Vernau hatte eine Stimme mehr als Fuhst erhalten.
Zur Wahl gestellt hatten sich im Kölner Gürzenich vier Kandidaten, die eine Findungskommission aus 18 Bewerbungen ausgewählt hatte
Wie eng das Rennen zunächst war, zeigt der Blick auf das Abstimmungsergebnis des ersten Wahlgangs: Zwar lag Vernau auch da schon vorne – allerdings denkbar knapp. 17 Stimmen entfielen dort auf sie, 16 auf Fuhst. […] Ein bitterer Nachmittag war es vor allem für Jörg Schönenborn: Der WDR-Programmdirektor lag mit 15 Stimmen äußerst knapp hinter Vernau und Fuhst, verfehlte damit aber die anschließende Stichwahl ebenso wie Elmar Theveßen, der Leiter des ZDF-Studios in Washington, der als Außenseiter nur sieben Stimmen auf sich vereinen konnte.
Mit Vernau setzte sich am Ende nicht nur die einzige Frau im Rennen durch, sondern auch die einzige Bewerberin mit Erfahrung an der Spitze einer öffentlich-rechtlichen Anstalt. […]
“Der Rundfunkrat ist mit der heutigen Entscheidung einer seiner wichtigsten und gleichzeitig vornehmsten Aufgaben nachgekommen”, sagte Corinna Blümel, die als stellvertretende Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, die Wahl geleitet hatte. “Wir sind davon überzeugt, dass Katrin Vernau durch ihre vielfältige Erfahrung innerhalb und außerhalb der ARD über ein hohes Maß an Expertise und Managementerfahrung verfügt, um den Herausforderungen im öffentlich-rechtlichen System zu begegnen und den WDR zukunftsfest aufzustellen. Katrin Vernau bringt den Mut und die Durchsetzungskraft mit, die für den Wandel und die Innovation im WDR unabdingbar sind.”
https://www.dwdl.de/nachrichten/98582/buhrownachfolge_katrin_vernau_wird_wdrintendantin/
Katrin Vernau stellte in acht Punkten vor, in welchen Bereichen der WDR in Zukunft Mut beweisen müsse. In gleich mehreren davon ging es um die Beziehung zu der Gesellschaft: „Der WDR muss Mut beweisen, sich zu öffnen. Er ist Teil der Gesellschaft, nicht neben ihr oder gar über ihr.“ Es sei nötig, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, Sorgen und Kritik anzuhören und nicht zuletzt auch Politik und Wirtschaft zu vermitteln, wie und warum der öffentlich-rechtliche Rundfunk ihre Arbeit abbilde. „Man muss der Auffassung entgegenwirken, dass man uns nicht bräuchte.“ In einer Fragerunde fügte sie hinzu, neben der menschlichen Ebene gelte es, das Publikum auch über technologische Mittel wie KI-Anwendungen, Datenanalysen und Geolokalisierung zu erreichen, um den verschiedenen Zielgruppen auf sie zugeschnittene Inhalte zu liefern. […]
Ein Wunsch einte die Kandidaten in ihren Vorstellungsreden: das regionale Programm des Senders zu stärken und nicht zu kürzen. Hier müsse eine Priorität liegen, meinte Vernau. Um dies zu finanzieren, müssten andere Programme umgeschichtet und Wirtschaftlichkeitsreserven gehoben werden. Eine Führungsposition mit regionalen Inhalten biete vor allem die Chance, wieder eine Nähe zum Zuschauer aufzubauen, darin waren sich auch Fuhst, Schönenborn und der vierte Kandidat, der ZDF-Studioleiter in Washington, Elmar Theveßen, einig.
Katrin Vernau will achtmal „mehr Mut“
Bereits in ihrer Bewerbungsrede vor dem WDR-Rundfunkrat formulierte Katrin Vernau am Donnerstag im Kölner Gürzenich ein Acht-Punkte-Programm, das sie unter den Oberbegriff “Mut” stellte. Einer der Punkte: “Mut zu mehr Regionalität”. Der WDR sei die Landesrundfunkanstalt von NRW, dort müsse man näher an den Menschen sein, daher wolle sie diesen Bereich als Intendantin auch finanziell stärken. Gleichzeitig brauche man mehr Mut, das Publikum sich seine eigene Meinung bilden zu lassen. “Die Menschen spüren, wenn sie belehrt werden sollen oder wenn Realität nur aus einem Blickwinkel beleuchtet wird. Wir sind keine Oberlehrer.”
Als weitere Punkte nannte sie “Mut zu Tiefgang”, “Mut, konstruktiv zum gesellschaftlichen Zusammenhalt beizutragen” sowie “Mut zu aktiver Gestaltung der ARD-Reformen und zur Absicherung unserer Finanzierung”. Dazu brauche es eine Intendantin, die in der Lage sei, “zu erkennen, welche Strukturen uns wirklich strategiefähiger und wirtschaftlicher machen und dass sie auch eigene Lösungsansätze entwickelt”. Hier spielte sie ihren wirtschaftlichen Hintergund aus. Zur Bewältigung der Herausforderungen brauche es mehr als journalistischen Background.
Sie wolle außerdem “Mut zu mehr Transparenz”, der WDR solle also klarer kommunzieren, welche Schwerpunkt gesetzt werden und wofür das Geld ausgegeben wird. Ein weiterer Punkt: “Mut, uns zu öffnen.” Man sei als WDR Teil der Gesellschaft, stehe nicht neben oder über ihr. Als Intendantin wolle sie daher Kooperationen ausbauen – etwa mit der privaten Medienwirtschaft, mit Verbänden und Kulturinitiativen. Als letzten Punkt nannte Vernau “Mut, der Magnet für die besten Talente zu sein”.
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Der vom Zukunftsrat eingebrachte Gedanke mit einer “ARD-Holding” sei ja der, schneller zu Entscheidungen zu kommen, und der sei durchaus, sagt Katrin Vernau. Aber man habe schon eine Struktur, die man so weiterentwickeln müsse, dass es am Ende im Ergebnis passe. Dabei sei wichtig: “Was die ARD ausmacht, die Regionalität, die programmliche Vielfalt, die darf dabei auf keinen Fall gefährdet werden.”
https://www.dwdl.de/nachrichten/98572/wer_fuehrt_kuenftig_den_wdr_die_wahl_in_koeln_im_liveticker/
Vor knapp einem Jahr stellte sich Vernau beim RBB nicht zur Wahl, weil sie von der Findungskommission gerufen werden wollte, die das aber nicht tat. Was wie ein Missverständnis wirkte, hat ihr die Chance gebracht, WDR-Chefin zu werden. Lange galt sie als die Sachliche und Unbekannte im Nachfolgerennen. Vergleicht man das fulminante Wahlergebnis mit den eher ratlosen Aussagen von Rundfunkräten über sie noch vor ein paar Wochen, dann muss sie eine enorme Arbeit im Hintergrund geleistet haben. Es sei „der erste Wahlkampf in meinem Leben“ gewesen, erklärte sie fröhlich nach der Wahl und man könnte sich bei ihrem Ton vorstellen, dass es nicht der letzte ist.
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Mit der 51-jährigen Vernau, die sich von ihrer Wahl „ein bisschen überwältigt“ zeigte, bekommt der größte und mächtigste ARD-Sender nach Monika Piel zum zweiten Mal eine Intendantin. Der WDR-Rundfunkrat blieb insofern der Sendertradition treu, als mit Vernau wie bei ihren Vorgängern eine Persönlichkeit aus dem Haus bestimmt wurde. […] Katrin Vernau wurde im Vorfeld allgemein große Sachkompetenz und Durchsetzungskraft bescheinigt. Ihre Bilanz als Interims-Chefin beim krisengeschüttelten RBB, den sie für ein Jahr nach der Absetzung von RBB-Intendantin Patricia Schlesinger bis zum Herbst 2023 führte, dürfte ebenfalls auf sie eingezahlt haben. […]
Buhrow war bislang mit 433.200 Euro Jahresgehalt der ARD-Intendant mit den höchsten Bezügen. WDR-Verwaltungsratsvorsitzende Claudia Schare machte klar, dass das Einstiegsgehalt der künftigen Spitzenkraft deutlich unterhalb des Gehalts von Buhrow liegen werde.
Ist die Zeit der Alpha-Journalisten in ARD-Leitungspositionen vorbei?
Erprobte Krisenmanagerin und Verwaltungsspezialistin: Der WDR-Rundfunkrat hat Katrin Vernau als Intendantin designiert. Bleibt die Frage offen, wer das Haus inhaltlich in die Zukunft führen soll. (Paid)
WDR-Rundfunkrat stimmt über Buhrow-Nachfolge ab
Wie sich die Kandidaten präsentierten
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Quelle: DIMBB-Medien